NDR berichtet: Alfred ist ein 86-jähriger Mann und hatte sich gedacht, “so eine Nordkap-Kreuzfahrt mit AIDA Cruises sei was Schönes”. So hat er die Reise für über 5000 Euro gebucht in einer Aussenkabine, neudeutsch: Meerblickkabine.
Soweit so gut, der Abreisetag kam, Alfred ist nach Kiel gereist zur AIDAcara, er schiffte ein, ging in seine Kabine und kurz darauf kam dann das Erwachen. Er wurde in einem Restaurant daraufhin gewiesen, dass er nicht mitfahren darf, er habe das Schiff zu verlassen.. – Später stellt sich heraus, aus Sicherheitsgründen weil er laut AIDA nicht eigenständig bei der Seenotrettungsübung mitmachen kann. Ich dachte bisher, dass man sich melden soll, sofern man dass nicht kann und dann Hilfe erhält, da bleibt die Frage – hat man das auch gemacht?
Was war laut NDR passiert?
Der Kabinensteward habe den Kapitän informiert, dass Alfred ihm sehr gebrechlich vorkommt. Der AIDA Kapitän und der Schiffsarzt sah das auch so und schickte Alfred nach Hause. Als Dankeschön darf er für die halbe Stunde an Bord 3500 Euro bezahlen, denn die Stornokosten für die Reise hat er zu tragen – laut AIDA. Rechtlich mag das seine Richtigkeit haben, moralisch finde ich dass nicht so ganz gerecht wenn ich ehrlich bin. Das betrifft nun ja auch keine riesige Gruppe sondern wird im Jahr 2-3 Mal vorkommen, da finde ich, sollte man kulanter mit umgehen.
So richtig gefallen lassen möchte sich Alfred das nicht, kann ich zu 100% nachempfinden, wenn man ihm NACH dem einchecken sagt, dass er nicht mitfahren darf, dann hat man doch bitte auch so sozial zu sein, die Kosten zu übernehmen. Man muss allerdings auch wissen, dass man vorab spezielle Bedürfnisse der Reederei meldet, da kann die Reederei auch schon entscheiden ob man nicht mitgenommen wird oder doch, dass scheint hier in diesem Fall nicht passiert zu sein.
Alfred soll hingegen alleine wohnen und sein Leben alleine bewältigten, zwar alles etwas langsamer, aber auf fremde Hilfe sei er im Alltag nicht angewiesen, laut Video. Seinen Rollator nutze er nur zum Einkaufen.
Auf jeden Fall gibt es Formular für das barrierefreie Reisen bei AIDA und da kann man mitunter angeben, dass man nicht ganz so stark auf den Beinen ist und dann bekommt man entsprechende Hilfeleistungen im Notfall. Auch sind ja genügend Rollatoren an Bord zu finden, ebenso wie Rollstuhlfahrer, also ist das Argument: Der Mann ist sehr gebrechlich irgendwie halt doch keines mehr, wenn die Geschichte so stimmt und man das mit dem barrierefreien Reisen auch ernst meint und der Gast sich vorab mit seinen “Krankheiten” auch ordentlich angemeldet hat.
Versicherungen zahlen nicht
Der Gast hat auf Empfehlung des Reisebüros eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen, die greift aber nur, wenn man die Reise nicht antritt. Hier hat das Reisebüro wieder mal gepennt, gerade bei älteren Menschen, macht eine Reiserücktrittsversicherung immer nur mit Reiseabbruchversicherung Sinn, die hat man aber nicht empfohlen. Wieder mal eine Glanzleistung vom Reisebüro, muss man einfach auch mal ganz deutlich sagen. Auch wenn hier jeder damit argumentiert dass in diesem Fall – den keiner wirklich kennt – eine Reiseabbruchversicherung nicht greift, wurde dem Mann keine angeboten. Es wird im Video ja ganz klar gesagt, dass man eine solche Versicherung überhaupt nicht kennt. Und ich persönlich glaube ja durchaus, dass es verschiedene Abbruchversicherungen, mit den verschiedenen Bedingungen gibt, wo man jetzt pauschal – ohne die wirklichen Abbruchgründe zu kennen – nicht sagen kann, ob die Versicherung das gezahlt hätte oder eben nicht.
Edit: Aufgrund neuer Erkenntnisse kann man davon ausgehen, das die Versicherung nicht gegriffen hat.
Was ist mit dem Reisebüro los?
Den Jungs und Mädels vom Reisebüro darf man auch gerne mal einen Vorwurf machen. Anstatt nur die Provision zu sehen, sollte man vielleicht auch mal korrekt beraten. So hätte der Mann zumindest eine Reiseabbruchversicherung gebraucht in dem Alter. Auch sollte man sich die Frage stellen, ob es richtig ist einen 86 Jahre alten Mann alleine auf ein Schiff zu schicken. Wie man sieht, geht das ja auch durchaus mal in die Hose. Die haben durch das Stornieren noch immer Geld verdient – die sollten in meinen Augen auch zur Kasse gebeten werden.
Edit: Der Mann ist nicht mehr gut zu Fuss, soll nicht mehr allzu gut hören und nutze eigentlich einen Rollator. Das sind keine Vorraussetzungen um alleine, 14 Tage auf Kreuzfahrt zu gehen. Da darf man ja durchaus Fragen: War das dem Reisebüro bewusst? Hat man sich erkundigt? Wieso wurde keine Begleitperson eingebucht?
Aus Kulanz nur 50% Stornokosten
Letztlich zeigt sich AIDA vermeintlich kulant und erwartet nur noch eine Stornogebühr von 50% vom Reisepreis, was bedeutet, dass Alfred rund 2700 Euro für die halbe Stunde an Bord von AIDA Cruises zu zahlen hat.
Ich bin da vielleicht zu sozial, aber so was geht überhaupt nicht. Natürlich kann man die Kabine dann nicht weiterverkaufen, natürlich entgehen einem Unternehmen ein paar “Peanuts” durch die Rückerstattung. Aber lässt man sich nicht auch immer gerne auszeichnen, auch mit einem “Fairness-Preis”, sagt man nicht immer wie behindertenfreundlich das Unternehmen und die Schiffe sind?
Wenn die gezeigte Geschichte vom NDR so stimmt, die man hier in einem Video (Video öffnen) nachsehen kann, dann ist das wirklich bitter wie AIDA da reagiert hat.
In dem Video sieht man auch ganz deutlich, dass der Gesundheitszustand von Alfred N. bedeutend schlechter geworden ist, er habe vor kurzem einen Schlaganfall gehabt und kann sich nicht mehr verständlich ausdrücken. Gerade in diesem Hinblick muss man einfach sehen: AIDA hat ihm die letzte Chance im Leben genommen, das Nordkap zu bereisen, sofern er wirklich fit war im Sommer. Denn laut eigener Aussagen war er im Sommer, als er auf die AIDA kam, topfit – jedenfalls für sein Alter. Die Recherchen ergaben allerdings andere Ergebnisse.
AIDA barrierefrei
AIDA wirbt regelmäßig damit, barrierefreie Reisen anzubieten, das kann man sich hier auf der Webseite gut ansehen: AIDA barrierefrei – sehr interessant ist auch diesen Formular hier, dass man ausfüllen möchte um spezielle Hilfeleistungen anzufordern die man benötigt: AIDA Formular barrierefreies Reisen.
PS: AIDA ließt hier ja mit, gerne kann man dazu Stellung nehmen, interessiert mich auch brennend wie viel Wahrheit da an der Geschichte dran ist.
AIDA Statement
Seien Sie versichert,das Wohl und die Sicherheit unserer Gäste steht für AIDA stets im Zentrum unseres Handelns. Die Berichterstattung des NDRs ist leider einseitig und entspricht nicht in vollem Umfang den Tatsachen obwohl wir dem Sender mit Zustimmung des Gastes alle konkreten medizinischen Details offengelegt haben, die zu einem Reiseabbruch führten. Zu den konkreten Fakten können wir uns aus rechtlich Gründen nicht öffentlich äußern. Leider verfügte der Gast nicht über eine Reiseabbruchversicherung. Dessen ungeachtet haben wir aus Kulanzgründen dem Gast 50 Prozent des Reisepreises erstattet.
Durch das Statement von AIDA Cruises sieht die Sache ja nun schon wieder anders aus. Es ist ja auch nicht ungewöhnlich das Medien gerne mal Dinge “vergessen” bei der finalen Berichterstattung. Am Ende des Tages sollte das Reisebüro besser informieren und beraten und der Gast seine Krankheiten, die er leider Gottes eben hat, auch klar kommunizieren. Eine Seekrankheit wird niemanden von Bord bringen. Allerdings gibt es genügend Krankheiten die man an Bord einfach nicht behandeln kann, Pflegepersonal ist auch keines da. Das Bordkrankenhaus ist und bleibt ein Notfallzentrum für unvorhergesehene Ereignisse. Da kann man dann auch bei allen Eventualitäten helfen.