Das Kreuzfahrtschiff MS Berlin gehört seit 2011 dem Reiseveranstalter FTI – dieser betreibt das 210-Kabinen-Schiff mit einer sehr entspannten internationalen Crew. Im März 2014 verließ die „Berlin“ nach einer Renovierung und technischen Überholung nach rund vier Monaten die Werft im griechischen Chalkis und stach wieder in See. Wir waren auf einer viertägigen Kurzkreuzfahrt von Nizza über Monaco nach Porto Vecchio (Korsika), Portoferraio (Elba) und zurück nach Nizza und haben uns das Schiff genauer angesehen.
Konsequenterweise muss ich es ehrlich vorwegnehmen: Ich bin kein Kreuzfahrer und habe bisher auch kaum Erfahrungen mit Schiffen gemacht. Zwei Dinge sind mir aber schon auf den ersten Blick im Hafen von Nizza sofort positiv aufgefallen: das Schiff ist klein und es ist von unglaublicher Formschönheit. Während viele moderne Schiffe eher aussehen wie schwimmende Wohnzimmerschränke, besticht die MS Berlin durch ihre schlanke wohlproportionierte Linie und den recht niedrigen Aufbau. Die nächste sehr sympathische Tatsache ist, dass man bei der Renovierung nicht versucht hat, den Touch der 1980er Jahre komplett auszulöschen, sondern ihn bewußt zu lassen. Damit strahlt dieses Schiff viel Nostalgie aus – und Charakter. Schließlich hat die „Berlin“ immerhin eine sehr prominente Vergangenheit: sie war von 1986 bis 1998 das TV-Traumschiff – in Zeiten, in denen das Kreuzfahren noch den Reichen vorbehalten war, stand Sascha Hehn als Chef-Stewart Victor Burger mit seinen sonnengebräunten Gesicht und dem weißen Outfit and der Reeling und lächelte diesen Blick, der manche Damen schwach werden ließ. Die jetzige „Berlin“ setzt aber nicht mehr auf diese Marketingschiene, sondern will jene ansprechen, die auf einem gemütlich-legeren Schiff einen unbeschwerten Urlaub verbringen wollen – ohne Pomp und Zinnober.
Monaco – die Traumfabrik, die keine ist
Am späten Nachmittag erreicht die „Berlin“ Monaco und bleibt auf der Reede liegen, da der Platz am Kai noch besetzt ist. Das Fürstentum mit der weltweit höchsten Bevölkerungsdichte wirkt vom Meer aus wie ein wildgewordenes überdimensioniertes Lego-Haus, aus dessen Fundament zig andere Häuser herauswachsen. Nur am Hügel des fürstlichen Palasts ist die Bebauungsdichte etwas lockerer. Das gemeinsame Abendessen im hippen „Sass Café“ ist ein kulinarischer Höhenflug in jeglicher Hinsicht: auf den Punkt gegrillter Fisch und ein getrüffeltes Kartoffelpüree das absolute Highlight. Auf dem Weg zurück zum Schiff, das jetzt seinen Pier-Parkplatz eingenommen hatte, wurde einem schnell klar, dass hier das Geld zu Hause sein muss: Die Dichte der Luxus-Karossen war exorbitant hoch und wirkte beinahe wie ein Corso der teuersten Automodelle. Ein letzter Drink im Yacht-Club und der nächtliche Blick auf das berühmte Casino – waren die letzten Impressionen des Fürstentums.
Das Bett in der Kabine erwies sich als sehr bequem. Am nächsten Morgen bliebt das Schiff noch bis Mittag hier liegen. Es bleibt also genug Zeit, um sich in Monaco und Monte Carlo in Ruhe umzusehen. Damit hält der Veranstalter sein Versprechen, möglichst lange Liegezeiten in dem angesteuerten Häfen zu gewähren, um dem Gast die Möglichkeit eines extensiven Landbesichtigungsprogramms zu bieten.
Korsika: Porto Vecchio statt Bonifacio
Starke Dünung an der Südküste Korsikas macht die Landung im idyllisch gelegenen Hafen von Bonifacio unmöglich. Stattdessen wird die Hafenstadt Porto Vecchio an der Ostküste der Insel angesteuert. Wer den Landausflug gebucht hat, dem kann das allerdings egal sein – denn um 9.00 Uhr wartet ein großer Bus auf die Reisenden, der auch Bonifacio anfahren wird. Alles ist hervorragend organisiert und die Wartezeit ist sehr kurz – hier fällt das kleine Schiff erneut positiv auf. Dann geht es auf der engen kurvenreichen Straße ins Gebirgsmassiv Aiguilles de Bavella. Ein kurzer Stopp im malerischen Dorf Zonza gewährt erste Blicke auf diese atemberaubende Naturkulisse. Der Bus fährt weiter auf den Col-de-Bavella-Pass, wo die weiße Marienstatue Notre Dame de la Neige die Menschen vor den Gefahren der Berge schützen soll. Die schroffe Gebirgslandschaft ist sehr beeindruckend. Die Landschaft erinnert ein wenig an die Dolomiten, doch das Gestein in diesem Teil der Insel besteht nicht aus Kalk, sondern aus Granit. Im Sommer ist das Gebiet, das seit 1972 als Naturschutzzone ausgewiesen ist, ein beliebtes Ziel für Wanderer und Bergsteiger. In den tiefen Schluchten gibt es auch Möglichkeiten zum Canyoning. Die eher gemütlichen Reisenden der MS Berlin bevorzugen einen kurzen Blick in Richtung Gebirge ehe es in ein typisches Landgasthaus mit bodenständiger Küche geht. Der korsische Schinken schmeckt übrigens ebenso hervorragend wie das Wildschwein-Ragout mit Polenta. Dazu wird ein rescher Rotwein serviert. Als letzen Höhepunkt gibt es anschließend noch einen Besuch der pittoresk gelegenen Hafenstadt Bonifacio. Hier flanieren wir entlang des Hafens und werfen einen Blick auf die weißen Kreidefelsen vor der Küste. Um den sonnigen Tag auch auf der „Berlin“ elegant ausklingen zu lassen, begeben wir uns an Bord sofort in die neu gestaltete Berlin-Lounge am Sonnendeck. Hier genießen wir bis zum Abendessen windgeschützt die letzten Sonnenstrahlen – während es ‚Leinen Los’ heißt und das Schiff seinen Weg nach Elba einschlägt. Das erste Abendessen im Schiffsrestaurant mundet hervorragend. Auch die Weinbegleitung ist sehr sorgsam gewählt. Wer es eher bodenständig will, wählt das Selbstbedienungs-Restaurant Veranda mit der Grill-Ecke und dem Buffet-Dinner.
Der abschließende Cocktail im Yacht-Club bei dezenter Live-Piano-Begleitung rundete das Programm des Tages perfekt ab.
Elba: Auf Napoleons Spuren in Portoferraio
Auch heute hat es die „MS Berlin“ überpünktlich nach Elba geschafft. Das Wetter zeigt sich allerdings nicht gerade von seiner besten Seite. Doch für einen Stadtrundgang über das Kastell und anschließend durch die engen Gässchen Portoferraios bleibt vor dem großen Regenguss noch genug Zeit. Als das Wetter dann hereinbricht und es wie aus allen Eimern zu regnen beginnt, ist die Größe der „MS Berlin“ wieder von Vorteil, denn um in die eigene Kabine zu gelangen, muss man keine großen Distanzen zurücklegen. Zunächst einmal nehmen wir im Restaurant ein gemütliches Mittagessen ein. Auch heute wieder: Erstklassiger Service, schnelle Bedienung und bekömmliches Essen. Nach der Mahlzeit kann man sich entweder in die Bibliothek zurückziehen oder in die Sauna gehen. Am Nachmittag steht dann noch eine geführte Stadtbesichtigung und hernach eine kurze Inselrundfahrt mit Stopp im Hafenstädtchen Porto Azzurro am Programm. Die Tageszeit ist ideal um in einer Bar ein gläschen vom lokalen Rotwein zu kosen und dazu köstliche Oliven zu naschen. Das Wetter bessert sich langsam und als wir das Schiff erreichen, ist der Regen endgültig vorbei. Die „Berlin“ verlässt Elba Richtung Nordwest. An Bord herrscht ausgelassene Stimmung, denn der letzte Abend wird gebührlich gefeiert. Im Restaurant überrascht das gesamte Küchen- und Restaurantteam die Gäste mit einer Eisparade. In den vergangenen drei Tagen haben wir unsere Crew sehr gut kennengelernt und auch das eine oder andere private Wort gewechselt. Wieder wird klar, dass die überschaubare Größe des Schiffes diese angenehme Intimität schafft. Bei recht heftiger Dünung und einer mondhellen Nacht stampft die Berlin Richtung Nizza und erreicht die Stadt an der Côte d’Azur um 8.00 morgens.
Vor dem Abflug in Richtung Heimat gibt es als letzten Programmpunkt noch eine Stadtbesichtigung von Nizza. Das ist ein würdiger Abschluss dieser wirklich gelungenen Reise.
Resümee:
Eine Kreuzfahrt mit der MS Berlin ist für all jene empfehlenswert, die großen Wert auf ein kleines und intimes Schiff legen (maximal 412 Passagiere) und denen Luxus nicht so wichtig ist. Die entspannte legere Bordatmosphäre steht hier im Vordergrund. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Getränkepreise an Bord sehr moderat sind. FTI bietet den Gästen übrigens drei Preismodelle an, in denen jeweils verschiedene Leistungen inkludiert sind. Gäste, die Wert auf ein deutschsprachiges Schiff legen, werden mit der Berlin ebenso ihre Freude haben, denn trotz der Tatsache, dass die Mitarbeiter aus insgesamt 19 Ländern kommen, ist die Bordsprache deutsch. Ein weiterer Vorteil des Schiffes ist, dass es aufgrund der Größe auch Häfen anfahren kann, die großen Oceanliners nicht nur Verfügung stehen – z.B. die Fahrt nach London durch die Tower-Bridge und ein Anlegen im Herzen der britischen Metropole. Eines der größten Highlights im Routenplan sind die Fahrten der MS Berlin durch den Kanal von Korinth.
Danke für den tollen Bericht, das klingt fantastisch! Sehr gut dass auf Luxus nicht so viel Wert gelegt wird, letztendlich soll ein Urlaub ja entspannend sein und das ist er anscheinend auf der MS Berlin. Tolle Fotos übrigens auch! Die Fahrt durch den Kanal von Korinth ist sicher eins der Highlights :)